Wie finanziert man Gemeinschaftsmiete auf Spendenbasis? Ein Rezept
Zuletzt geändert: 27.06.2020
Abstract: unser Hackerspace hat einen Haufen gemeinsame Kosten, Miete für Raum & Server. Aber wie ermittelt man, wer wieviel zahlt? Wir haben eine Methode entwickelt (die bestimmt schon jemand vor uns gefunden hat).
Die meisten Vereine haben gleiche Beiträge für alle, sowie Spenden und Fördermitgliedschaften, um das auszugleichen. Damit zahlen alle in etwa gleich viel. Aber keine zwei Menschen sind gleich - und Gerechtigkeit sieht anders aus.
Manche von uns verdienen gutes Geld in der IT-Industrie, andere leben in prekären Verhältnissen. Außerdem benutzen manche unser Commons mehr, andere weniger. Also sollen alle in etwa zahlen, was sie können, und was das Commons ihnen wert ist. Und das am besten, ohne offenzulegen, wer genau wieviel zahlt - denn natürlich kann das mit einem gewissen Stigma verbunden sein.
Mit diesem Rezept kann man herausfinden, wieviel alle geben müssen/wollen, damit das Commons erhalten bleibt.
- Es ist spendenbasiert
- Es funktioniert für regelmäßige und einmalige Zahlungen
- Es ermöglicht Anonymität (Deanonymisierung ist leider immer möglich)
- Es beruht auf Eigenverantwortung, auch tatsächlich zu zahlen
- Es muss sich immer noch jemand um die Verwaltung der Zahlungen kümmern.
Das Prozedere
Der Prozess, um die genaue Finanzierung herauszufinden, erinnert an eine Wahl oder eine Auktion. Es ist gewissermaßen ein Algorithmus. Der Prozess kann mehrere Runden haben, wobei wir nur eine gebraucht haben.
Am Anfang sagen alle verdeckt einen Betrag, den sie bereit sind, dazuzuzahlen. Zum Beispiel indem man Zahlen auf einen Zettel schreibt, oder indem alle eine Textdatei in einen Cloud-Ordner hochladen. ownCloud bietet dafür die praktische anonymous-upload-Funktion an.
Wenn alle gestimmt haben, wird der Betrag zusammengezählt. Wie hoch die einzelnen Gebote waren, sollte dabei ruhig öffentlich sein. Je nachdem, ob es zu wenig, genau richtig, zu viel, oder viel zu viel ist, passieren denn folgende Sachen:
- a) Wenn es genau genug ist, super. Dann wissen alle, wieviel sie zahlen sollten. Der Prozess ist fertig.
- b) Wenn es weniger ist als nötig, gibt es eine neue Runde, und alle bieten nochmal. Jetzt wissen alle, wieviel sie ungefähr geben müssten, damit es reicht, und können dementsprechend mehr bieten.
- c) Wenn es zu viel ist, zahlt der Mensch, der am meisten geboten hat, halt den Differenzbetrag weniger (auf eigene Diskretion). Der Prozess ist fertig.
- d) Wenn mehrere höchstbietende gleich viel geboten haben, teilen sie die Differenz gleichmäßig zwischen sich auf.
- e) Wenn der Differenzbetrag so hoch ist, dass der Mensch der am meisten geboten hat, dadurch weniger zahlen würde, als der Mensch, der am zweitmeisten geboten hat, gibt es ne neue Runde und alle bieten nochmal.
Über Anonymität und Bezahlmethoden
Anonymität ist abhängig von anderen - wenn nur eine Person aus einer festen Gruppe anonym bleibt, ist natürlich klar, wer nur 0,00 € dazugegeben hat. Deswegen ist es guter Stil, wenn niemand offen sagt, wie viel sie gegeben haben.
Wir akzeptieren Bezahlung per Bank-Überweisung/Dauerauftrag, Cash + Briefumschlag, und Faircoin. Daueraufträge sind praktisch, Cash ist anonym und technisch anspruchslos, und Faircoin ist die gesellschaftlich sinnvollste Cryptowährung, die es gibt.
Geteilte Verantwortung ist eigene Verantwortung
Und das wichtigste - natürlich funktioniert dieses Modell nur when everyone gets their shit together. Es basiert auf Vertrauen und Konsens, und auf Eigenverantwortung.
Wenn Leute nicht zahlen, geht das Commons zugrunde, und sie können es nicht nutzen.
Wenn mit dem Commons Sachen gemacht werden, die nicht ausgemacht waren, werden sich Leute weigern zu zahlen.
Das Wohl der anderen liegt hier im Eigeninteresse - es ist sinnvoll, dass alle zufrieden sind, und alle ihren Teil beitragen, sonst funktioniert es für niemanden.
Klar wäre es geiler, wenn andere einfach alles erledigen & bezahlen würden - aber dafür ist das hier gerecht. Es ist eine Gerechtigkeit, die nur mit Freiwilligkeit funktionieren kann. Und mit Verantwortung.